Sonntag, 12. Mai 2013

Kopftuchkomplimente || Head scarf compliments

Polkadots mögen wir auch || We like polka dots, too

Sie fiel mir wegen ihres roten Haares auf. Sie stand im Vorgarten und war damit beschäftigt, ihr Fahrrad fertig zu machen. Sie muss um die Fünfzig gewesen sein, war gut gekleidet und wirkte selbstbewusst. Ich lächelte sie an, sie lächelte zurück, ich lief an ihr vorbei. Eine Minute oder zwei später fuhr sie an mit und P-linchen vorbei - und bremste plötzlich. Sie sah mich an: "Sie tragen aber ein lustiges Kopftuch!"

I noticed her because of her red hair. She was standing in the front yard and was busy getting her bicycle ready. She must have been in her fifties, was well-dressed and looked confident. I smiled at her, she smiled back, I walked past her. A minute or two later she rode by little P and me - and stopped suddenly. She looked at me: "You're wearing a funny head scarf!" 


Ich zögerte eine Sekunde lang. Mein Kopftuch sieht "lustig" aus? Was sollte das denn heißen? Sollte das ein Kompliment sein - oder würde gleich ein fieser Kommentar zu Kopftüchern, unterdrückten muslimischen Frauen und so weiter kommen...? Sollte ich antworten, sie sähe selber lustig aus? Oder was Nettes sagen?

I hesitated for a second. My head scarf looks "funny"? What was that supposed to mean? Was she trying to compliment me - or was she about to make a mean comment about head scarves, suppressed Muslim women and so on...? Should I reply stating she looked funny herself? Or say something nice?



Ich zögerte eine Sekunde lang, bis mir der Gedanke kam, dass die weniger falsch machen würde, wenn ich nett wäre, also zwang ich mich, freundlich zu lächeln und sagte: "Ja? Warum?"

I hesitated for a second until it occured to me I could go less wrong by being nice, so I forced a friendly smile and said: "Ja? Why?"



Und dann erzählte sie, wie nett das Kopftuch doch aussehe, dass sie letztens eine türkische Frau ("sind Sie Türkin? nein? Deutsche? Aha! Sind Sie etwa zum Islam - ja?") gesehen hätte, die ein ähnliches Kopftuch getragen habe und dass ihr das auch schon so gut gefallen hätte, dass Punkte ja auch gerade in Mode seien ("stimmt's?") und dann, noch einmal, dass ihr wirklich gefiele, wie nett und freundlich das Kopftuch aussehe.

And then she went on saying how nice my head scarf looked, that she had seen a Turkish women ("are you Turkish? no? German? aha! have you converted to - yes?") wearing a similar head scarf a couple of days ago and really liked it, that dots were in fashion now ("right?") and, again, that she really liked how nice and friendly the head scarf looked.



Ich weiß, es gibt viele, die so etwas nicht als Kompliment sehen würden. Sie würden sagen, dass die Aussage dieser Frau im besten Fall dumm war, vielleicht sogar patronalisierend und rassistisch. Dass es nicht nur die nett aussehenden Kopftücher sein sollten, die akzeptiert sein sollen - sondern alle. Und natürlich, das ist nicht komplett falsch.

I know many who would not take something like this as a compliment. They would say this woman's statement was, at best, stupid, or maybe even patronising and rassist. That it should not just be the nice looking head scarves that are accepted - but all of them. And of course, that's not entirely wrong.

 

Aber der Kommentar dieser Frau, das war ziemlich eindeutig, gut gemeint, sie hatte gute Absichten. Sie ist auf mich zugegangen, hat mir ein Kompliment zu meinem Koptuch gemacht, von dem sie, angesichts des Bildes, was viele deutsche Nichtmuslime von Hijab, muslimischen Frauen und dem Islam haben, wahrscheinlich eher nicht so viel hält. Wer weiß, mit wievielen muslimischen Frauen sie bisher gesprochen hat? Wer weiß, ob ihr vorher schon mal in einer Situation war, in der ihr klar geworden ist, dass auch wir Polkadots mögen, dass ein Kopftuch auch freundlich aussehen kann, dass wir auf so viele Art und Weisen genau so sind wie sie, dass das, was uns trennt, unerheblich ist, gegenüber dem, was wir gemeinsam haben?

Vielleicht müssen wir manchmal anerkennen, dass auch ein kleiner Schritt ein Schritt vorwärts ist.

But for all I could tell this woman's comment was well-meant, she did have good intentions. She made a move to talk to me, to compliment me on my head scarf which is, given the general image many German Non-Muslims have of hijab, Muslim women and Islam, probably not something she is particularly fond of. Who knows how many Muslim women she has talked to before? Who knows if she has ever realised before that we like polka dots, too, that a head scarf can look friendly, that in so many ways we are like her, that what divides us is negligible in comparison to what we have in common? 

Perhaps sometimes we have to acknowledge that a small step, too, is one step forward.

(So, und mit diesem Outfit nehme ich jetzt auch noch an Aishah's Kampagne für besseren Hijab teil. || Entering this outfit, too, for Aishah's campaign for better hijab.)

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