Dienstag, 26. Juni 2012

Kind mit Kopftuch || Kids in Hijab


Ich habe noch nie so viele kleine Mädchen (und ich rede von 2-, 3-, 4-, 5-, 6-Jährigen...) mit Kopftuch gesehen wie hier in London. Wie man auf die Idee kommt, einem so jungen Kind ein Kopftuch aufzuziehen, ist mir ein Rätsel. In der Moschee oder auf dem Weg in den Qur'an-Unterricht - gut, meinetwegen. Aber was um Himmels Willen denkt ihr euch dabei, eine Sechsjährige mit Kopftuch (und am besten noch Mini-Abaya) auf den Spielplatz zu schicken oder zum Einkaufen mitzunehmen?

Hijab ist für Frauen gedacht, nicht für Kinder

Hijab ist dazu da, die Reize einer Frau zu bedecken. Was um Himmels Willen gibt es bei einer Vierjährigen zu bedecken? Mit Kopftuch und Abaya auf dem Spielplatz zu toben ist heiß, unbequem, gefährlich - und VOLLKOMMEN UNNÖTIG, weil Hijab für Frauen nach der Pubertät gedacht ist, für Frauen, die sich selbst dafür entschieden haben, aus Respekt vor einem Gebot, von dem sie glauben, dass es göttlichen Ursprungs ist, sich auf diese Art und Weise zu kleiden.

Der "Gewöhnungseffekt"...

Worum also geht es euch? Ist für euch jedes kleine Mädchen in erster Linie nicht Kind sondern Frau? Oder habt ihr eher den "Gewöhnungseffekt" im Kopf: "wenn sie von klein auf gewöhnt ist, Hijab zu tragen, wird sie es später auch tun, weil sie es einfach nicht anders gewöhnt ist"? Beide Vorstellungen sind Quatsch: ein Mädchen ist keine Frau, genauso wie ein kleiner Junge kein Mann ist. Und die Sache mit der Gewöhnung kann genauso gut nach hinten losgehen.

...kann genauso gut nach hinten losgehen

Ich kann ja verstehen, wenn ihr euch wünscht, dass eure Tochter eines Tages Hijab trägt. Aber was, wenn das Kind, sobald es alt genug ist, überhaupt keine Lust auf in irgendeiner Weise einschränkende Kleidung hat, weil es davon in seiner frühen Kindheit schon eine overdose bekommen hat und meint, jetzt nachholen zu müssen? Man hat nicht in der Hand, wie seine Kinder werden. Man kann eine Grundlage legen, durch Bildung und Erziehung, durch Vorbildsein - aber was am Ende bei rauskommt, das haben wir nicht in der Hand. Und wenn ihr die kleine Maryam in eine Burqa packt - das garantiert euch noch lange nicht, dass sie in 10 Jahren "maschaallah Hafez" und Vorbeterin in der lokalen Moschee ist (ups, dürfen Frauen ja gar nicht).

Fokus auf Äußerlichkeiten statt auf Bildung und Wissen

Aber vielleicht spiegelt das "Kind mit Kopftuch"-Phänomen auch nur eines der grundlegenden Probleme unserer Zeit wider: dass wir nämlich weitaus mehr Wert auf Äußerlichkeiten, auf den Schein legen, als auf Wissen, Bildung und entsprechendes Verhalten. Kleine Mädchen mit Kopftuch gibt es hier viele. Aber auch jede Menge muslimischer Kinder, die arabische Phrasen auswendig lernen, ohne auch nur ein Wort zu verstehen; oder denen die immer wieder gleichen leeren Antworten auf Fragen, die sie stellen (könnten, hätte ihnen jemand beigebracht, ihren Verstand kritisch einzusetzen - ja, auch um religiöse Dogmen zu hinterfragen - kein Glaube ist stärker als ein kritischer, reflektierter!), gegeben werden.

Ein kleiner Fundamentalist

Ja, und vielleicht trägt Klein-Amal das Kopftuch ja freiwillig, nicht, weil Mama, Papa, Oma, Opa es ihm aufgedrängt, schön geredet, aufgeschwatzt haben, sondern einfach, weil sie "groß" sein will, "so wie Mama", erwachsen... So wie das P-linchen letztens, das mich beim Kopftuchanziehen beobachtet hatte und dann darauf bestand, auch eins anziehen zu dürfen. Als Mama dann, als es darum ging, das Haus zu verlassen, meinte: "Ok, und jetzt ziehen wir es wieder aus, ja?", sich standhaft weigerte und darauf beharrte, sein Kopftuch auch draußen anziehen zu dürfen. Tja, dann habt ihr halt einen kleinen Fundi zu Hause. Und das ist etwas anderes. Seinem Kind einen Iro zu rasieren, wenn es darum bittet und bettelt, ist in Ordnung. Es (mit was auch immer) dazu zu drängen, sich endlich eine abgefahrene Punkfrisur zu rasieren, nicht.

I have never seen as many little girls wearing a headscarf as here in London. I don't get why anybody would want to put a headscarf (and maybe even a mini-abaya) on a two-, three-, four-, five-, six-year old. Hijab is meant to cover a woman's beauty. A child wearing hijab just does not make any sense. Hijab should be worn by an adult woman who has decided to do so out of respect for this rule which she believes to be of divine origin. 

So why would you decide to cover up your little girls like this? Is it because for you, every little girl is a woman? That's nonsense, a girl is not a woman, just as a boy is not a man. Or do you want your little one "get used to it" assuming she will continue to wear it when she's older? This kind of reasoning could actually prove to be countereffective. What if the little girl once she's old enough to make her own choices is not interested in any kind of modest clothing any more because she's had an overdose of it as a child? Our children's future is not in our hands. We can try to lay a solid foundation by providing them with an education, with knowledge and by trying to be a good example. But simply putting a headscarf on little Maryam won't guarantee that ten years from now she'll be "mashaallah Hafez" or imam of the local mosque (oops, not possible for a woman anyway...).

But maybe the "little girl with headscarf" phenomenon is just a reflection of one of the major problems of our time: that we spend to much time and effort on outward appearances instead of knowledge, education and behaviour. There are a lot of little girls wearing hijab in this city. But there are also lots of little Muslims who are made memorise Arabic phrases without even understanding a single word of it. Little Muslims who are given the same standard answers to questions they (could) ask (if only somebody had taught them how to think critically and question common knowledge - and yes, that includes religious dogma - no faith is stronger than the faith of a critical, self-reflexive believer). 

But maybe your little girl wears her hijab out of her own choice. Like little P did the other day when she decided she did not only want to put a headscarf on while we were playing at home but insisted on wearing it when we had to go out, too. Well, in this case... it looks like you have a little extremists at home. And that's fine. It is absolutely no problem to help your kid shave her hair into some freaky kind of hair style when she has been begging you to give her a hand with it. But trying to manipulate her into doing it is not.
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4 Kommentare:

  1. Meine Tochter möchte ein Tuch tragen,wovon ich ihr allerdings abgeraten habe. Schließlich wird weder sie noch ich Ruhe haben,wenn sie es macht.
    Ich habe auch Bedenken es wird ihrem Selbstbewusstsein schaden,sie ist klein und verletzlich.Ich trage das Tuch egal andere sagen.Es interessiert mich nicht. Meine Tochter ist jetzt allerdings sehr traurig das sie jetzt kein Tuch tragen soll.

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  2. Also ich habe Zwillinge die sind grade mal 2 Jahre alt , und die wollen ständig ein Kopftuch tragen , sogar zuhause.
    Es ist garnicht so das Eltern den kleinen Mädchen das Kopftuch aufzwingen.
    Sondern es ist so das die kleinen Mädchen einfach so sein wollen wie die Mama!!!!
    Ich bin muslimin seit 5 Jahren Alhamdullilah.
    Und es stimmt das Kopftuch erst für Frauen ist (ab der Periode )
    Aber wenn unsere kleinen Mädchen das tragen wollen , sollen wir es Ihnen verbieten?
    Islam ist unsere Religion und da gehört das Kopftuch dazu.
    Und es ist doch schön das unsere Mädchen schon von kleinauf selber das Kopftuch tragen wollen.
    Oder hast und auf dem Spielplatz ein Mädchen gesehen was geweint hat und gezwungen wurde ein Kopftuch gegen ihren Willen zu tragen ?
    Ich kenne viele kleine Mädchen die tragen schon nikab und weinen weil sie es in der Schule nicht tragen dürfen.
    Nur weil ihr Frauen hier im Westen glaubt das Kopftuch ein Unterdrückung ist , muss das noch lange nicht heißen das es so ist.
    Die Realität sieht nämlich anders aus.
    Wir muslimische Frauen tragen es mit stolz!!
    Ich bin deutsche, und war noch nie so glücklich wie Jetzt mit Kopftuch

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  3. Ja, ist ja gut. Ich hab doch im letzten Absatz geschrieben, dass es auch Kinder gibt, die es selbst tragen wollen, so wie meine Tochter manchmal. Also, alles gut, kein Grund sich so aufzuregen. :)

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  4. Hier habe ich übrigens noch was zu dem Thema geschrieben:

    http://gutbetucht.blogspot.de/2013/06/mamas-dilemma-mummys-dilemma.html

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